Waage-Institut

                          Beispiel

 

Beispiel zur Streitschlichtung

Ein alltäglicher Streit: Daniel und Sascha prügeln sich auf dem Schulhof. Sascha hat Daniel mal wieder wegen seiner Pickel gehänselt und "dumme Sprüche" gemacht. Daniel wird wütend und schlägt mit der Faust zu. "Ich laß mich doch nicht von so einem Blödmann verspotten", sagt er sich. Die beiden wälzen sich am Boden. Tim, ein Mitschüler, geht dazwischen und trennt die Streithähne. Sascha blutet an der Lippe. Sein neues T-Shirt ist zerrissen. Was soll jetzt passieren? - Sascha will sich nicht an den Klassenlehrer oder Direktor wenden. Er befürchtet, daß ihn Daniel dann aus Rache noch mehr verprügelt. Tim rät ihm, doch mal zu den Konfliktlotsen zu gehen.


Die Konfliktlotsen: An der Schule gibt es ein Streitschlichter-Programm.In einem kleinen Büro sitzen in jeder großen Pause ein Schüler und eine Schülerin der Konfliktlotsen. Sie haben mit einigen anderen zusammen an einer Ausbildung zum Streitschlichter teilgenommen. Sie bieten bei Konflikten zwischen Schülern eine faire Vermittlung an, ohne daß gleich ein Lehrer gerufen werden muß. Manche Streitigkeiten kann man viel besser untereinander klären. Aber es muß gerecht zugehen. Dafür sind die Konfliktlotsen da.

Vorbereitung / Einleitung: Sascha geht ins Büro der Konfliktlotsen. Uschi und Pit haben heute "Dienst". Pit sucht Daniel und fragt ihn, ob er bereit ist, an einem Schlichtungsversuch teilzunehmen. Daniel weiß, dass Pit "ganz okay" ist und stimmt zu. Uschi läuft zu den Klassenlehrern, informiert sie, dass eine Streitschlichtung erfolgt und Daniel und Sascha deshalb später kommen.
Das Büro der Konfliktlotsen ist freundlich eingerichtet. Zu Beginn des Gesprächs erläutern Uschi und Pit ihre unparteiische Rolle und das Ziel dieser Vermittlung. Sascha und Daniel sollen klären können, warum es zu dem Streit gekommen ist und was passieren muss, damit ein Schlussstrich unter die Sache gezogen werden kann. Keiner der beiden soll als Verlierer den Raum verlassen. Uschi und Pit werden das Gespräch gemeinsam leiten. Sie werden dafür sorgen, dass jeder ausreichend zu Wort kommt und aussprechen kann, dass keiner den anderen beleidigt, und dass alle Ergebnisse festgehalten werden. "Die Inhalte und Ergebnisse dieses Gesprächs werden vertraulich behandelt." sagt Pit. "Aber wie die Ergebnisse aussehen, dafür seid Ihr selbst verantwortlich."

Sichtweisen: Nachdem dies geklärt ist, fordert Uschi die beiden auf, nacheinander zu schildern, was denn eigentlich genau passiert ist. Natürlich erzählen Daniel und Sascha völlig unterschiedliche ""Geschichten". Das ist ganz normal. Uschi und Pit achten aber darauf, dass beide Seitenihre Sichtweise ohne Unterbrechung darstellen können. Sie fragen nach, wenn etwas unklar bleibt. Pit wiederholt, was er bisher verstanden hat: "Also Du, Sascha, fandest das eine völlig übertriebene und brutale Reaktion von Daniel. Dein Spruch wegen der Pickel war eher als Witz gemeint. Für Dich, Daniel, war das aber gar nicht witzig. Hab ich das richtig verstanden?" Die Konfliktlotsen versuchen, die Streitenden miteinander ins Gespräch zubringen und ihre Motive und Gefühle herauszubekommen. "War vielleicht doof, dass ich gleich zugeschlagen habe," sagt Daniel ""aber ich stand vor den anderen da wie der größte Idiot." Langsam beginnen beide Seiten die Gefühle des anderen zu verstehen. Als alle Punkte geklärt sind, fragt Uschi die Streitenden, ob sie die Sache gemeinsam aus der Welt schaffen wollen. Beide nicken. "Aber wie?" fragen sie.

Lösungen:  Pit gibt Daniel und Sascha einige Pappkarten. Er bittet sie, mögliche Lösungen des Konfliktes einzeln auf die Karten zuschreiben. "Was könnt Ihr selbst tun, damit der Streit gerecht geregelt ist? Und was soll der andere tun?" fragt Uschi. "Schreibt alle Ideen auf, die Euch einfallen." Anfangs zögern die beiden, aber nach und nach kommen der mehr Vorschläge zusammen. Dann sammelt Pit die Karten ein und sortiert sie übersichtlich auf dem Tisch. "Gehen wir die Ideen mal durch." sagt Uschi. "Welche Lösungen sind realistisch? Welche Vorschläge des anderen könnt Ihr akzeptieren und welche nicht?" Im Laufe des Gesprächs finden Sascha und Daniel ein Ergebnis, das beide zufrieden stellt. "Also Du, Daniel, entschuldigst Dich bei Sascha für den Schlag, kaufst ihm eine Cola und überlässt ihm eines Deiner Fußballtrikots. Du, Sascha, wirst Daniel in Zukunft nicht mehr beleidigen. Außerdem nimmst Du ihn mit zum nächsten Training Deiner Mannschaft." fasst Pit die Ergebnisse zusammen.

Vereinbarung: Uschi trägt die Vereinbarung in ein Formular ein, macht zwei Kopien und gibt sie Sascha und Daniel. "Lest es Euch nochmal durch, ob alles richtig formuliert ist. Wenn ja, dann unterschreibt bitte." Beide Streitparteien bekommen ein Exemplar, eines kommt in den Ordner der Konfliktlotsen. Lehrerinnen und Lehrer dürfen diesen Ordner nicht einsehen. Beim abschließenden Handschlag sagt Pit: "Ich finde es gut, dass Ihres geschafft habt, den Streit auf friedliche Weise zu begraben. Das war eine tolle Leistung!" Sascha und Daniel gehen zurück in ihre Klassen.
 
 

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